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VON WOLFGANG KLIETZ 27. Februar 2008, 00:00 Uhr

SERIE: IN ARMSTEDT GIBT ES MEHR KÜHE ALS EINWOHNER

Seit 1661 sind die Fischers Bauern

Seit die Meierei wieder 35 Cent pro Liter Milch bezahlt, sieht die Landwirtsfamilie wieder zuversichtlich in die Zukunft.


ARMSTEDT. Der Name Fischer will nicht so recht zur Familientradition passen. So lange die Archive zurückreichen, suchten die Fischers aus dem 400-Einwohner-Dorf Armstedt auf der eigenen Scholle ihr Glück - nicht auf dem Wasser. Sie waren seit Jahrhunderten Bauern und sind es heute noch - mit Leib und Seele, 80 Kühen, Schäferhund und Katze.

Bis ins Jahr 1661 reicht die Geschichte der Fischers in Armstedt zurück. In den Unterlagen des Kirchspiels Bramstedt ist nachzulesen, dass Klaus Fischer Anna Hardebeken heiratete und mit ihr sechs Kinder in die Welt setzte. Doch von damals ist der Familie außer dem Hang zu Ackerbau und Viehzucht nichts geblieben: 1951 brannte der Hof samt sämtlicher historischer Überbleibsel nach einem Blitzeinschlag ab. Bauern blieben sie trotzdem, und platt wird auf dem 17 Hektar großen Hof in der äußersten nordwestlichen Ecke des Kreises Segeberg auch noch geschnackt.

Das Leben von Bauer Frank Fischer und seiner Frau Kerstin, Altbauer Hermann Fischer und seiner Frau Karin verläuft nach einem festen Rhythmus, den die Kühe bestimmen: Um 5 Uhr wird gemolken, und um 17 Uhr wird gemolken. 365 Tage im Jahr geht das so. Auch wenn der Bauer krank wird, müssen die Euter an die Maschine. "Über eine Grippe dürfen sie hier nur lachen", sagt Altbauer Hermann Fischer, der mit seinem Sohn neben der Milchwirtschaft Mais, Wintergerste, Weizen und Raps anbaut.

Klagen will die Familie nicht. Von ihrem Betrieb können sie "anständig" leben. Danach sah es vor wenigen Jahren allerdings nicht aus, die Milchpreise fielen immer tiefer. Besonders schlimm war es während der BSE-Krise im Jahr 2000. "Da mussten wir alle zusammenhalten", sagt Fischer.

Noch im Januar 2007 gab es nur 25,5 Cent für den Liter. Jetzt zahlt die Meierei in Breitenburg bei Itzehoe 35 Cent. Dort wird hauptsächlich Käse hergestellt. "Der Markt dafür boomt", freuen sich die Fischers, die endlich längst fällige Investitionen in Angriff nehmen können. Der 30 Jahre alter Traktor muss ersetzt werden, neue Maschinen braucht der Bauer auch.

Ohne Technik läuft auf einem Bauernhof heute nichts mehr. Beim Füttern hilft der Computer, in dem genau registriert ist, welches Tier wie viel Futter enthält. Dennoch geht es im Stall familiär zu: Hermann Fischer (61) und Sohn Frank (37) kennen jede Kuh mit Namen.

100 Jahre kann er den Bestand zurückverfolgen und in den Büchern ablesen, wie sich die "Leistung" verändert hat. Dabei geht es um die Milch, die eine Kuh durchschnittlich pro Jahr gibt. In den 20er-Jahren lag die Leistung bei 2000 Litern. 5200 Liter waren es 1975. Jetzt sind es 9500 Liter. Eine gezielte Zucht, die optimierte Fütterung und ein moderner Stall haben für die Steigerung gesorgt. "Wir ernähren hier Spitzensportler", sagt Frank Fischer.

Zum modernen Leben auf dem Lande gehören auch immer Menschen aus der Stadt, die sich auf dem Dorf niederlassen und nicht immer mit den bäuerlichen Gepflogenheiten vertraut sind. In Armstedt gibt es mehr Kühe als Einwohner und damit auch viele Fliegen. Die Beschwerden darüber hat Altbauer Fischer schon öfter gehört. Auch die Polizei wurde in der Nachbarschaft schon in Marsch gesetzt, weil angeblich brüllende Kühe die Neubürger um ihren Schlaf brachten.

Fischer hat dafür nur ein Lächeln übrig. In knapp 350 Jahren haben die Fischers schon ganz andere Probleme bewältigt. Eine Prognose über die Zukunft des Traditionshof mit der langen Geschichte wagt Hermann Fischer trotzdem nicht.